L`Imprimerie

Wenn man ein paar Dinge beherzigt, kann man einen netten, abwechslungsreichen Abend im L´Imprimerie (grob übersetzt: die „Druckerei“) verbringen. Diese Dinge sollte man vor einem Besuch wissen:

1. keine Reservierung möglich (es sei denn , man ist mit einer größeren Gruppe unterwegs; dann muss aber auch die ganze Gruppe zeitgleich erscheinen, damit man sich an einen Tisch setzen kann, ansonsten heißt es warten…)

2. keine Kartenzahlung möglich,

3. nur eine Rechnung pro Tisch,

4. der Gast ist hier definitiv kein König

5. man sollte es nicht wagen, sich einfach ungefragt an einen Tisch zu setzen, auch wenn der riesige Laden zu  Anfang recht leer ist

6. man sollte es auch nicht wagen, dem Chef  zu widersprechen…;-)

Masochistische , unterwürfige Züge könnten also beim Neugast von Vorteil sein, wenn man die alte, etwas schrammelige Druckerei („Vintage“ ist ja momentan sowieso in, das wußte der Chef anscheinend schon vor Jahrzehnten – die alte Bahnhofsuhr im Eingangsbereich hätte ich übrigens gerne… nur wohin damit???) über einen Innenhof betritt und erstmal nicht genau erkennen kann, ob man sich hier wirklich in einem gehobenen Restaurant oder eher in einer Abstellkammer eines etwas heruntergekommenen Weinhandels befindet…

Dabei hilfreich, einen schönen Abend hier zu verbringen, ist  zumindest, wenn man sich selbst nicht zu wichtig nimmt, sonst ist die für den Gast schnell mal mit einem Rauswurf beendete Auseinandersetzung mit dem Chef des Hauses, einem leicht „divenhaften“ (wenn er denn so aussehen würde…), vorallem aber brummeligen Belgier, vorprogrammiert – so sagt man….

Wir erleben an diesem Abend von alledem nichts.

Das mag aber auch daran liegen, dass wir uns a) tatsächlich nicht so wichtig nehmen, b) einfach nur essen wollen und daher genauso wortkarg sind, wie der Chef (man muss sich halt anpassen…) und c) an diesem Samstagabend scheinbar  viele  Leute hier auftauchen, die die Marotten des Chefs bereits kennen, damit umgehen können oder sie einfach für das gute Essen, was hier aus der Küche getragen wird, in Kauf nehmen.

Mich beschleicht aber auch das Gefühl, dass Manche nur kommen, weil sie diese Art für eine „Touristenattraktion“ halten, die sie unbedingt mal erleben wollen.

„Das ist ja schlimmer wie die Köbesse im Früh…“ raunzt neben mir eine alte Dame ihrem Partner zu. Ein anderes älteres Ehepaar hat einen guten Platz direkt am Eingang erhalten und schmunzelt jedesmal wissend über die muffige „Begrüßung“ durch den Herrn des Hauses, wenn sich neue Gäste in die Höhle des Löwen wagen.

Das Publikum ist gemischt, aber es ist deutlich zu erkennen , dass jeder, der hier sitzt, entweder ein eigenes gut gefülltes Bankkonto besitzt oder keine armen Eltern hat… oder beides… Bayenthal eben.

Bei den Kursen, die Herr „Brummbär“ für das zugegebenerweise solide bis sehr gute Essen aufruft, ist das auch nicht so verwunderlich.

Man kann nur á la carte bestellen, was mich etwas verwundert, da ich aus Brüssel weiß, dass die Belgier bevorzugt Menü essen.

Die handgeschriebene Karte ist mit einer sagenhaften Sauklaue geschrieben, sodass man die einzelnen Vorspeisen, Desserts und Hauptgerichte nur allerschwerstens entziffern kann und eher Mutmaßungen anstellen muss. Dies vor Ort genau so laut auszusprechen, wie es hier steht, haben wir uns nicht gewagt …;-)

Die Gerichte, die aus sind, werden an eine Tafel an der halboffenen Küche notiert.

Bedient wird man hier recht flink und ausschließlich von Männern, bei denen ich mich nicht gewundert hätte, wenn ich sie stattdessen als Aushilfskräfte in einer echten Druckerei (dank meinen Studententagen weiß ich nur zur Genüge, wie solche Etablissements von innen aussehen…) angetroffen hätte, statt in einem Restaurant, welches gehobene, französisch-belgische Brasseriegerichte zu gehobenen Preisen anbietet….

Tja, was soll ich sagen: das ist hier halt Teil des Geschäftsmodelles und wird kultiviert. Es funktioniert augenscheinlich gut. Bis 20.15 Uhr füllt sich die große Halle komplett mit Gästen.

Wer einen stillen, romantischen Ort der Nahrungsaufnahme bevorzugt, ist hier falsch. Schon bald taucht man in ein geselliges Gemurmel ein.

Als wir es dann in etwa geschafft haben, die Hieroglyphen der Speisekarte zu entziffern und manches auch zu übersetzen, entschlossen wir uns, Folgendes zu bestellen:

2 Kölsch als Aperetif (4,- €), 1 Flasche Wasser (erhalten haben wir 0,5 l Evian für 3,80 €), 1 Flasche französischen Sauvignon Blanc (29,50€), Brunnenkressesalat mit Parmesan (18 Monate alt, für 12,50 €), hausgebeizte Sardinen mit Karotten, Zwiebeln, Kartoffeln und Butter (11,50 €), Rochenflügel mit Kapernbutter (22,50 €), St. Pierre (Petersfisch) mit Sauerampfer (32,50 €), beide Hauptgerichte wurden mit einem großen Gemüseteller gebracht, Mousse au Chocolat (wir haben schon vielfach erheblich bessere gegessen…; 8,50€), Käseteller (5 Sorten für 9,50 €, wenig spektakulär)

Es gibt eine beachtliche  Auswahl an Vorspeisen, Hauptgerichten (Fisch, Fleisch) und Desserts, wobei die großartigen und teilweise auch außergewöhnlichen Fischgerichte hervorzuheben sind. Für Vegetarier ist dieser Laden allerdings nicht wirklich was…

Auf den Tellern befindet sich kein unnötiges Chichi. Man erhält, was man auf der Karte liest und das in sehr guter Qualität. Wir mögen das.

Die Gesamtrechnung verursacht dann aber schon ein bißchen Schnappatmung zum Schluss…

Wenn Ihr Euch jetzt fragt, warum man sich so eine schroffe Behandlung für das viele Geld antun sollte, steht Ihr nicht ganz alleine mit dieser Meinung…

Wir können hier aber nur sagen: dieses Restaurant lebt von seinem Eventcharakter und seiner gutgemachten Brasserieküche  jenseits von Chichi. Es ist tatsächlich mal etwas Anderes in Kölns manchmal doch recht grauen Einerlei-Gastronomie-Landschaft…

Fazit: Einfach mal ausprobieren!

 

Cäsarstrasse 58

50968 Köln-Bayenthal

(Hinweis: ohne auffällige Beschilderung, über einen unwirtlichen Innenhof zu erreichen)

Telefon: 0221 – 348 13 01

Fax: 0221 - 348 10 11

keine Homepage (wer hätte das gedacht…)

Öffnungszeiten:

Di-Sa 18.30-1 Uhr

Aktuell sind 5 Gäste und keine Mitglieder online

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